SBR-Bericht Cotta von Stephanie Henkel: Alte Fälle, jede Menge Förderungen und ein Spiel auf Zeit bei der Stadtbegrünung

Stephanie, große Brille, blass, sitzt mit einem Laptop auf einer Bank in einem Park, dem Conertplatz. Neben ihr ein blau-gelber Ball.

Hörversion des Beitrags (8 min 2 s)

Auch wenn am 15. August noch einmal die alte Besetzung des Stadtbezirksbeirates Cotta im Plenarsaal des Dresdner Rathauses zusammen gekommen ist, so war ich als neue Stadtbezirksbeirätin bereits jetzt im Publikum und habe die Sitzung begleitet und die High- bzw. Lowlights für euch mitgebracht.

Kiezfest vom Liubituwa e. V. wird ein zweites Mal besprochen

Der Verein hinter Projekten wie dem PlatzDa! und unserem Löbtauer Umsonstladen hat am Samstag den 20.07.2024 ein kostenloses Stadtteilfest veranstaltet, nachdem das Fest bereits wegen Unwetter im Juni verschoben werden musste. Laut Aussage der beiden Vertreter*innen waren 300 bis 500 Leute im Columbuspark und es gab ein breites Angebot für die ganze Familie mit Küche für alle und Auftritten einiger lokaler Bands. Solche Projekte sind nicht nur wunderschön, sondern auch wichtig für den Löbtauer Kiez und ich ärgere mich immer noch, dass ich, vor allem nach den begeisterten Berichten meiner Freund*innen, nicht hatte dabei sein können.

Dieses Fest hatte nun bereits die Zusage für eine Projektförderung von 750 € erhalten. Der Grund, weshalb das Fest nach Durchführung noch ein zweites Mal besprochen wurde, hat nicht nur die beiden Vertreter*innen des Vereins und uns im Publikum interessiert, sondern auch Alexander Bigga von den Grünen, der nachgefragt hatte, warum der SBR nochmals darüber berät, wenn doch das Kleinprojekt im Umlauf bereits beschlossen wurde. Die unbefriedigende Antwort: Da es Einwände eines Mitgliedes gab. Eine explizite Rückfrage an die Veranstalter*innen lag keine vor.

Das Ergebnis, ob dem Stadtbezirksbeirat ein Stadtteilfest, zu dem so viele Leute gekommen sind, lächerliche 750 € wert ist, war auch mit 9 Ja-Stimmen zu 6 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen erwartbar knapp.

Ein Schelm, wer hier vermutet, dass die Abläufe so waren, weil der Liubituwa e. V., der in den vergangen Jahren immer wieder mit Angriffen auf den Stadtteiltreff PlatzDa! zu kämpfen hatte, ein Netzwerk für linke, progressive und offen antifaschistische Menschen ist.

Gegen die bereits beschlossenen Förderungen eines Bienen- und Insektengartens im Kleingartenverein (KGV) Parklehne und Konzerte in Döltzschen gab es ebenfalls Einwände

Auch bei einem Bienen- und Insektengarten, in dem es Lehrvorführungen vor allem für Kinder und „Bienen zum Streicheln“ geben soll, gab es Einwände. Das Projekt soll nicht nur Kindern die Natur näher bringen, sondern verschönert auch das Viertel und die Freifläche des Gartens soll für alle immer offen stehen.

Das Projekt wurde nach einigen Rückfragen jedoch einstimmig angenommen.

Komplizierter waren die Diskussionen um Konzertveranstaltungen in Döltzschen. Konkret ging es um drei Projekte, bei denen eine engagierte Bürgerin zusammen mit verschiedenen Vereinen Kulturprogramme entwickelt. Für ein Projekt mit einer Ausstellung und der Darbietung verschiedener europäischer Volkslieder gab es harte Kritik von der AfD, weil dieses in privaten Atelierräumen der Antragsstellerin stattfand. Dass die Räumlichkeiten jedoch öffentlich zugänglich und gut besucht waren, hat dabei nicht interessiert, da eines der AfD-Mitglieder bei einem Besuch festgestellt hatte, keine der beim Konzert anwesenden Personen persönlich gekannt zu haben und deshalb es sich ja schließlich um Leute von außerhalb gehandelt haben müsste. Nach dieser bestechenden Logik könne der SBR für eine solche Veranstaltung kein Geld ausgeben, da die Fördermittel dem Stadtteil zugute kommen müssten und nicht Leuten von außerhalb.

Bei den anderen beiden Veranstaltungen, bei der einen ging es ebenfalls um Volkslieder, bei der anderen um die Darbietung von Musik und Gedichten von Kindern im Alter von 5 bis 14 Jahren, gab es zwar ebenfalls einige absurde Einwände, welche aber zum Glück durch die besonnen Stimmen im Rat beiseite geschoben werden konnten.

Auch diese Projekte durften zum Glück alle bereits zugesagten Förderungen behalten.

Vorerst keine Bäume für die Deubner Straße

Mein persönlicher Kopfschüttel-Moment der Sitzung war aber das Ende der Diskussion um die geplante Neubepflanzung der Deubner Straße. Aber ich möchte das Ergebnis nicht vorweg nehmen.

Es geht um die Straße, die direkt westlich an den Neuen Annenfriedhof in Löbtau angrenzt. Die Vertreterin des zuständigen Amtes für Straßenbegrünung hat zuerst das Gesamtkonzept der Stadt vorgestellt, den Baumbestand in Dresden wieder auf den Vorkriegszustand von 60.000 Bäume zu bringen bzw. diesen im Idealfall zu übertreffen. Dabei wurde von der Expertin erklärt, dass in Löbtau insgesamt wenig Aufstockung des Baumbestandes möglich sei. Das Grundproblem, vor allem in Südlöbtau, seien die schmalen Gehwege. So auch bei der Deubner Straße, auf der es aktuell gar keinen Baumbestand gibt und die Gehwege mit lediglich 2,20 m bis 2,30 m sehr schmal sind. Zudem erlaubt der Leitungsbestand unter der Straße keine großen Umbauten.

Die vorgeschlagene Lösung: Trapezförmige Gehwegvorstreckungen, in die je ein Baum mit Bodenbegrünung kommen soll, wo jetzt Parkflächen sind. Auf der östlichen Seite sollen 21 Bäume gepflanzt werden und die Pläne seien nicht nur bereits mit allen beteiligten städtischen Ämtern abgestimmt, sondern auch die Baumart stehe schon fest. Es sollen Zürgelbäume werden. Die anspruchslosen, hitzetoleranten, trockenheitsressistenten Bäume sind eventuell einigen schon bekannt, da sie aktuell als sogenannte „Zukunftsbäume“ bei vielen hoch im Kurs stehen, wenn es um moderne Stadtgestaltung geht, die den Bedingungen der Klimakatastrophe gewachsen ist. Zudem haben die Bäume einen guten Ruf als Bienenweide und sogar essbare Früchte, was wiederum positiv für den Vogelbestand ist. 

Auch die Finanzierungspläne wurden vorgestellt. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 200.000 Euro, wovon die Kreditanstalt für Wiederaufbau (kurz KfW) 80% übernehmen würde und die Stadt lediglich 20% beisteuern müsste, sprich 40.000 €.

Klingt alles toll, oder? Tja, aber was ist mit den armen Parkplätzen? Davon würden für die 21 Bäume auch 21 Parkplätze weichen müssen. Dass hat den rechtsextremen bis rechtskonservativen Teil des Rates so aufgebracht, dass erst Fragen nach der fehlenden Bürgerbeteiligung aufkamen, dann spontan, mitten in der Befragung der Expertin, eine Abstimmung erfolgte – darüber, ob der Antrag vertagt werden solle.

Für diesen Vertagungs-Antrag gab es dann auch 9 Ja-Stimmen, womit er bei 17 anwesenden Mitgliedern angenommen wurde. Überrumpelt von der Situation, hat Henrik Ahlers von der SPD nachgefragt, warum wir vertagen. Der Antrag hatte schließlich keine Begründung und wurde von der rechten Seite einfach eingebracht und abgestimmt. Eine wirkliche inhaltliche Antwort, gab es keine, nur dass es Anmerkungen aus dem Rat gab und die jetzt berücksichtigt werden müssten. Wie das aussehen soll, wie lange das dauern soll und ob uns das am Ende Förderung kostet, liegt in den Sternen.

Eine Vertagung bedeutet praktisch, dass dann der nächste Rat über das Vorhaben entscheiden muss. Ein Rat, der dann keine links-progressivere Mehrheit mehr hat, sondern eine Rechte. Ein Spiel auf Zeit, was dem von Hitze geplagten Süd-Löbtau eventuell die neuen Bäume kosten könnte.

Weitere Themen

Weiterhin angenommen wurde die Förderung für ein Kinder-Zirkusprojekt in Gorbitz des Omse e.V., eine mobile Küche für Cotta, die auch für Privatpersonen und Institutionen ausleihbar sein soll, ein Zuschuss für ein Einweihungsfest des Begegnungs- und Beratungszentrums für Senior*innen in Briesnitz, Mittel für die Erneuerung von Wasserleitungen im KGV Wohlfahrt e.V., Förderung für die Anschaffung von technischen Equipment einer Kirchgemeinde, welches ebenfalls ausleihbar sein soll, Informationsmaterial für einen Trauerweg mit 12 Stationen auf einem Friedhof und ein Zuschuss für den Umbau der Flutlichtanlage auf LED-Technik im Leutewitzer Park.

Die komplette Tagesordnung und weiterführende Informationen findet ihr hier im Ratsinfosystem der Stadt Dresden.

Bis zum nächsten Bericht, dann direkt aus der Ratsmitgliedsperspektive.

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