Licht und Schatten im Stadtrat

Eklat – Geld für’s Wohnen – Schlag gegen Radverkehr

Martin Schulte-Wissermann
Martin Schulte-Wissermann

Am 14. und 15. Februar fand die letzte Sitzung des Stadtrats vor den Winterferien statt. Die Tagesordnung war mit etwa 60 Punkten übervoll – und durch den Stimmenzuwachs von CDU & Co war eine spannende Sitzung zu erwarten gewesen. Immerhin ging es u.a. darum, die noch nicht vergebenen Haushaltsgelder zu verteilen und endlich Radwege auf der Albertstraße zu bekommen. Die Sitzung begann dann aber erstmal mit einem Paukenschlag …

Der Eklat

Die Fraktion LINKE hatte eine aktuelle Stunde zum Thema „Vonovia kontrollieren – Verstöße ahnden – Mieterinnen und Mieter schützen“ beantragt. Das Thema interessierte wirklich viele Menschen – nicht nur war die Zuschauertribüne brechend voll, auch der Nebensaal mit einer eigens aufgebauten Videoübertragung war gefüllt. Es ist seit Urzeiten Brauch im Stadtrat, dass Aktuelle Stunden zu Beginn der Sitzung abgehalten werden – ob man das Thema nun mag oder nicht. Nicht so am Donnerstag: die CDU stellte den Antrag, die Aktuelle Stunde auf den nächsten Tag zu verschieben … und die bürgerlich-freiheitlich-konservativ-völkisch-nationalistische Seite des Stadtrats stimmte geschlossen dafür. Was für ein Tiefpunkt der Stadtratssitten.

Daraufhin verließ unter Protest die LINKE Fraktion (inkl. mir) und einige Stadträt*innen der Grünen und der SPD den Sitzungssaal. Die Wut der Menschen draußen auf dem Gang war fast grenzenlos – verständlich, wenn man an Stadtpolitik interessierten Menschen derart vor den Kopf stößt. (Die Aufzeichnung (*) beginnt bei 00:19:20).

Geld für’s Wohnen

Dresden hat seit kurzem endlich wieder eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft („Wohnen in Dresden“, WiD). Das Geschäftsmodell der WiD kann man in wenigen Worten so zusammenfassen: Die Stadt gibt der WiD Grundstücke, die WiD beleiht diese Grundstücke und beantragt den Landeszuschuss für Sozialen Wohnungsbau. Dann kann die WiD so günstig bauen, dass sie mit Mieten rund um sechs Euro pro Quadratmeter den Kredit abbezahlen kann. Nach 20 Jahren gehört das Haus der Stadt und kann noch weitere Jahre genutzt werden.

Ziemlich schlau – allerdings hat die Stadt so gut wie keine Grundstücke mehr, die sie der WiD geben könnte. Nun sollten rund 12 Millionen Euro für Grundstücke gegeben werden, damit die WiD rund 1700 Wohnungen in den nächsten Jahren bauen kann. Aus irgendeinem Grund war die CDU zu blöd (oder hat zu hoch gepokert), auch diesen Antrag zu vertagen bzw. in der Tagesordnung nach hinten zu verlegen – schlussendlich bekam der Antrag eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme. Cool!

Etwas getrübt ist diese Freude allerdings, da auch die NPD zu dieser Mehrheit beitrug. Aber hey, man kann nichts dafür, wer mit auf einen Antrag springt. Ich hoffe, diese Abstimmung erinnert die CDU daran, dass sie selbst eben keine stabile Mehrheit im Rat hat. Sie braucht immer die AfD und die NPD dazu. Da sollte sie mal lieber etwas kooperativer sein und sich nicht wie die Axt im Walde benehmen, damit die NDP nicht das Zünglein an der Waage ist. (Die Aufzeichnung  (*) beginnt bei 00:48:10).

Schlag gegen Radverkehr

Die Albertstraße hat vier Autospuren und keine Radwege. Eine Radverbindung auf der Albertstraße ist mehr als überfällig, da dieses Zwischenstück fehlt und der Radverkehr daher keine vernünftige Nord-Süd Verbindung zwischen der Neustadt und der Uni hat. Radwege würden dem Radverkehr über 2 Minuten Fahrzeit ersparen und das Fahren sicherer und komfortabeler machen. Die Autos würden in eine Richtung die Veränderung gar nicht merken und in der anderen Richtung wären sie 1s (eine Sekunde) langsamer. Auf der Albertstraße fahren heute nur noch etwa halb soviele Autos wie noch in den 1990 Jahren. Würde man die Straße heute neu bauen, so hätte sie nur zwei Autospuren und natürlich auch Radwege. Dresden hat schon 70.000 Euro für die Planungen ausgegeben, der Bau der Radwege würde uns nur 65.000 Euro kosten, da jeder Euro mit neun (9!) Euro Förderung ergänzt würde. Die Bauarbeiten sind bereits ausgeschrieben und der Bau könnte im April beginnen. Das Zurückziehen der Ausschreibung kostet die Stadt ca. 75.000 Euro. Planung und Bau „anderer“ Radwege verschlingt wahrscheinlich Millionen (Planfeststellungsverfahren notwendig) und kann frühestens in vier Jahren realisiert werden.

Die FDP/CDU beharrten dennoch auf vier Spuren – Fetisch Vierspurigkeit – Argumente egal – Radwege abgelehnt!

Das Schlimmste aber ist, dass gleichzeitig mit diesem Beschluss die sowieso schon nicht üppigen Mittel für den Radverkehr noch um 550.000 Euro verkleinert werden sollen. Die ganze Bausumme soll vom Radverkehrsetat in den allgemeinen Topf verschoben werden. Selbst ein Antrag (von mir), die Mittel doch wenigstens für die Planung von neuen Radwegen zu verwenden, wurde mit kalter Schulter von CDU, FDP und AfD abgelehnt. So wird die Entwicklung im Radverkehr abgewürgt. (Die Aufzeichnung (*) beginnt bei 02:34:20).

Der Rest …
… der Sitzung war viel zu lang (insgesamt 13 Stunden), um es hier im Detail zusammenzufassen. Bleibt mir nur noch zu erwähnen, dass am Freitag der Antrag „Vonovia kontrollieren – Verstöße ahnden – Mieterinnen und Mieter schützen“ durch Streitigkeiten im #schwarzblauen Lager angenommen wurde!

Bericht zur Stadtratssitzung von Martin Schulte-Wissermann

(*) Die Aufzeichnung wird in den Tagen nach der Stadtratssitzung oft noch nachbearbeitet. Hierdurch können sich die Anfangszeiten der Tagesordnungspunkte im Video verschieben.

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