Manuel Wolf ist Pirat und Mitarbeiter der Dissidenten-Fraktion im Dresdner Stadtrat. In dieser Rubrik geht er kurz darauf ein, welche piratigen Themen im letzten Monat in der Fraktion wichtig waren.
Aus dem StaDDrat
Der StaDDrat befand sich in der Sommerpause, darum gibt es für den Monat August nicht viel zu berichten.
Das Theater um die Beigeordnetenwahl
Der politische Sommer in Dresden ist geprägt von der Wahl der Beigeordneten oder auch Bürgermeister:innen. 5 von 7 dieser Ämter an der Rathausspitze sollten in der Sondersitzung im August vom Stadtrat neu gewählt werden. Dazu kam es allerdings nicht. Warum nicht? Ich versuche es, in aller Kürze zusammenzufassen. (Wer die Story in den Dresdner Medien schon x-mal gelesen oder gehört hat, möge bitte zum nächsten Abschnitt springen.)
2015 einigten sich CDU, Grüne, SPD und Linke auf die Zuteilung der insgesamt 7 Beigeordnetenposten untereinander. CDU erhielt Ordnung & Sicherheit sowie Bildung, die Grünen sicherten sich Umwelt, Bau & Verkehr, den Linken fielen Kultur & Tourismus sowie Gesundheit zu. Die SPD erhielt zwar nur einen Posten, allerdings umfasst diese die sehr mächtigen Ressorts Finanzen & Personalwesen.
Die Einigung der 4 Fraktionen hatte eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Stadtrat und dies ist wichtig, denn: Für die Wahl eines/einer Beigeordneten braucht es die Stimmen von über 50% der anwesenden Stadträt:innen. Allerdings kann der/die Oberbürgermeister:in dieses Votum überstimmen, indem er/sie dem/der Gewählten sein/ihr Einvernehmen verweigert. Der Rat wiederum kann dies verhindern, indem Beigeordnete mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt werden. Kurz gesagt, die Beigeordneten-„Koalition“ war bezüglich ihrer Kandidierenden auf der sicheren Seite.
Nach den Kommunalwahlen 2019 schmolz die Mehrheit auf die exakt erforderlichen zwei Drittel. Mit dem Austritt von Michael Schmelich und Johannes Lichdi aus der Grünen Fraktion war sie vollständig dahin.
Der Oberbürgermeister, der nach seiner Wiederwahl im Juli vor Kraft kaum mehr gehen konnte, ist sich dessen natürlich bewusst und kündigte bereits vor der Sitzung an, sein Einvernehmen nicht zu erteilen, es sei denn, die Fraktionen unterzeichnen seinen in letzter Minute aus dem Urlaub versandten Erpresserbrief.
Nicht, weil sie die Kandidierenden mit voller Überzeugung unterstützen, sondern weil sie das Großfürstengetue des OB nicht gutheißen, entschieden sich die Dissidenten dazu, den Kandidierenden von Grün-Rot-Rot zur nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit zu verhelfen.
Dann war es so weit, die Stadtratssitzung begann und die erste Wahl stand an, welche die Wiederwahl des Finanzbürgermeisters Dr. Lames (SPD) hätte sein sollen. Konjunktiv. Lames erhielt im ersten Wahlgang zwar mehr als die Hälfte der Stimmen, der OB verweigerte jedoch wie angekündigt sein Einvernehmen. Im zweiten Wahlgang fehlten dann 3 Stimmen zur Zwei-Drittel-Merheit und der Bruch der Beigeordneten-Koalition war nun ganz offiziell. Die restlichen Wahlen wurden dann auf Antrag der Linken vertagt. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann streiten sie noch heute. Auch Anfang September gibt es keine Einigkeit zwischen den Fraktionen und dem Oberbürgermeister.
Die gescheiterte Wahl und deren Umfeld haben die Dissidenten in ihrem Podcast zusammengefasst.
Kleine Randnotiz: Unser Piraten-Stadtrat Martin beantragte auf der Sitzung zum einen die Möglichkeit, dass die Kandidierenden sich vorstellen, zum anderen die Möglichkeit der Aussprache, also eine Debatte zu den Kandidierenden. Beides lehnten die anderen Fraktionen im Stadtrat ab, da man ja genug Zeit gehabt hätte, um sich über die Wahloptionen zu informieren. An die Öffentlichkeit (Zuschauende im Saal und Stream) hatte dabei außer dem Piraten und der Dissidentenfraktion wohl niemand gedacht.
Studienreise „ÖPNV der Zukunft“
Traurigerweise ist im politischen Dresden seither fast nichts passiert, aber zum Glück konnten wir zwei Dissidenten dafür auf eine Exkursion schicken. Martin und Johannes waren zusammen mit anderen Mitgliedern des Stadtrates in Nürnberg und Basel, um sich die dortigen Bemühungen in Sachen Verkehrwende anzuschauen.
Was sie dort vorgefunden haben und was sie sich für Dresden ableiten, haben sie in einem Podcast zusammengefasst.