Am letzten Samstag haben Menschen in großer Vielfalt in ganz Dresden demonstriert.
Beginnend mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Bedeutung und Missbrauch von Gedenken und Protest“ in der Unterkirche der Frauenkirche, setzten sich die Veranstaltungen des Tages unter ständig wachsender Teilnehmerzahl fort.
Um 10:00 Uhr rief die AG Kirche für Demokratie und gegen Rechtsextremismus unter dem Motto „Für Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe – Bunt unterwegs“ zu Friedensgebeten in der Markuskirche (Pieschen), der Martin-Luther-Kirche (Neustadt), der ev.-methodistischen Zionskirche (Striesen), der Lukaskirche (Südvorstadt) und der Friedenskirche (Löbtau) auf. Im Anschluss wurden von diesen Kirchen aus Bittgänge für den Frieden veranstaltet, die sich in der Dreikönigskirche bzw. der Kreuzkirche trafen und sich schließlich gegen 13:00 Uhr zur Abschlusskundgebung auf dem Schlossplatz vereinigten.
Das Bündnis Dresden-Nazifrei startete um 11:00 Uhr seine Auftaktkundgebung am Wiener Platz gemeinsam mit dem Bündnis extrem_ist_in, das unter dem Motto „Gegen das sächsische Demokratieverständnis und die Kriminalisierung von Antifaschismus“ nach Dresden mobilisiert hatte. Die sich dort versammelnden Menschen zogen dann, bunt und laut gegen die Überwachungsmaßnahmen der Sächsischen Sicherheitsbehörden im letzten Jahr durch die Dresdner Innenstadt.
Zeitgleich riefen die Piraten des Ortsverbandes Neustadt (in Kooperation mit dem Kreisverband Dresden und dem Landesverband Sachsen) zum „Flausch Dresden 2012“, einer stationären Kundgebung am Goldenen Reiter. Eigens dazu reisten fünf Mitglieder der Piraten-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus an, um – unter Nutzung des Bürgerrechts nach Artikels 8 des Grundgesetzes, der Versammlungsfreiheit – eine außerordentliche Fraktionssitzung unter freiem Himmel durchzuführen. Neben eigenen Fragen der Berliner Abgeordneten an die Dresdner Piraten über „Sächsische Verhältnisse“, standen die Fraktionsmitglieder aber auch Rede und Antwort zu ihren ersten Erfahrungen in der Berliner Landespolitik. Nachdem die öffentliche Sitzung geschlossen war, diskutierten die anwesenden Piraten noch mit interessierten Passanten und beschallten den Neustädter Markt mit lizenzfreier Musik.
Die dritte parallele Veranstaltung fand ab 13:00 Uhr auf dem Schlossplatz statt. Die „AG 13. Februar“, ein von Oberbürgermeisterin Helma Orosz einberufenes Gremium, hatte dazu eine Bühne organisiert, von der aus sowohl Zeitzeugen (Eugeniusz K., Überlebender von Bombenangriffen auf Polen 1939), als auch eine Schülergruppe aus Pirna und Hans-Jochen Vogel bewegende Worte beitrugen. Gegen Ende der Auftaktkundgebung, die von Robert Koall, dem Chefdramaturgen des Dresdner Staatsschauspielhauses moderiert wurde, kamen auch Dirk Hilbert, Dresdens Erster Bürgermeister, und Frank Richter, Moderator der „AG 13. Februar“ und Leiter der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung zu Wort. Letzterer rief schließlich die Teilnehmer der Kundgebung auf, sich auf die Demonstrationsroute über Theaterplatz, Postplatz und Wilsdruffer Straße zur Synagoge zu begeben.
Zusammenfassend darf behauptet werden, dass die Gesellschaft am vergangenen Samstag, aber auch bereits am 13. Februar erkannt hat, dass es zivilgesellschaftlichen Engagements bedarf, um rechtsextremen Gesinnungen entschieden etwas entgegenzusetzen. Gleichzeitig wurde aber auch das Signal an die Sächsische Staatsregierung und die Polizeibehörden ausgesandt, dass eine repressive Überwachung der Menschen weder verhältnismäßig war und ist, noch von der breiten Masse der Bevölkerung akzeptiert oder toleriert wird.
Die Piraten in Dresden fordern Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften dazu auf, endlich ihrer Informations- bzw. Auskunftspflicht (z. B. §§ 36, 47, 51 SächsPOL oder §§ 18, 24, 33 SächsDSG) nachzukommen und die knapp 50.000 Menschen, die im letzten Jahr mittels einer sogenannten Funkzellenabfrage namentlich ermittelt wurden, darüber zu unterrichten. Es darf und kann nicht sein, dass eben diese Behörden nun von den Betroffenen verlangen, die eigene Betroffenheit mit Herausgabe weiterer persönlicher Angaben zu beweisen.
Alexander Morlang, MdA der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus, hatte bereits in einer dortigen Rede vorgeschlagen, die Betroffenen jeweils per SMS zu informieren, um die von der CDU vorausgesetzte Akzeptanz der Funkzellenabfragen und des damit verbundenen Grundrechtseingriffs in der Bevölkerung zu überprüfen.
Letztendlich bleibt den ca. 50.000 von der Funkzellenabfrage in Dresden konkret Betroffenen (so sie denn Kenntnis davon haben) noch die Möglichkeit, den Sächsischen Datenschutzbeauftragten anzurufen, um an ihrer statt Auskunft über das unverhältnismäßige Vorgehen der Sächsischen Polizeibehörden zu verlangen. Den knapp 800 Menschen, denen eine Auskunft bis heute verweigert wird, empfehlen wir dies ausdrücklich.
Der Frage, wie sich sowohl das kürzlich beschlossene Sächsische Versammlungsgesetz, als auch Sächsisches Polizei– und das Sächsische Datenschutzgesetz an die Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts anpassen lassen, wird sich auch und vor allem der Landesverband der Sächsischen Piraten in nächster Zeit verstärkt widmen.
Gegen Rechtsextremismus, Überwachungsstaat und repressive Maßnahmen gegen Menschen, die ihre Rechte wahrnehmen und nutzen. – Für einen transparenten Staat, der die Bürger- und Menschenrechte achtet und zivilgesellschaftliches Engagement ermöglicht.