Saubere Luft ohne Fahrverbote, Sachsenbad und Schwimmbad Klotzsche wackelt, Geburt einer 60er-Buslinie, Schlag ins Gesicht für den Radverkehr und ein bisschen Haushalt
von Dr. Martin Schulte-Wissermann, Stadtrat der Piraten
Nachdem drei Mitglieder der SPD-Fraktion und ein Mitglied der LINKE die Seiten hin zu den Konservativen gewechselt hatten, war dies die erste Sitzung unter der neuen Konstellation. Mehrheiten zu finden war schwierig und manche Entscheidung wirft Dresden um Jahre zurück.
Die Abstimmung zum Haushalt war noch einigermaßen vorhersehbar. Oberbürgermeister Hilbert hatte den Rot-Grün-Rot-Orangenen Entwurf zwar gestutzt, den Kern aus jetzt vier Jahren progressiver Politik aber gelassen. Folglich konnten dann alle „mit Schmerzen“ zustimmen. Mit diesem Beschluss wurde auch ein 40-Millionen-Budget beschlossen, mit welchem im nächsten Jahr die ärgsten Löcher bei der Finanzierung gestopft werden könnten. Es kann aber auch passieren, dass CDU+FDP zusammen mit NPD und AfD sich einigen, und das Geld für alles mögliche ausgeben wird – und z. B. die Sozialarbeit, der Kulturbereich und der Radverkehr wieder bluten muss.
Schlimm war die Entscheidung zum INSEK (INtegriertes StadtEntwicklungsKonzept). Und zwar nicht wegen des Konzeptes, sondern weil die Neustädter Grünen kurz vor der Abstimmung noch ein neues 16-Millionen Schwimmbad in Pieschen reingemogelt hatten. Dieses Ansinnen erschwert nun natürlich die von den Piraten geforderte Sanierung des Sachsenbads. Außerdem bedroht solch ein Plan den Ersatz der Schwimmhalle in Klotzsche – zum Ärger der dort lebenden Menschen. Zu bestaunen war bei der Abstimmung eine neue politische Konstellation, denn der Grüne-Antrag fand zusammen mit CDU und SPD eine Mehrheit.
Es folgte die unerträgliche Abstimmung zur Sanierung der Carolabrücke. Dort ist ein nur 80 cm (!!) schmaler Mini-Radweg geplant – und das auf einer der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen zwischen der Neustadt und der Universität. Bei den Autofanatikern gab es kein Durchdringen, ein breiterer Radweg – geht nicht, geht nicht, geht gar nicht. Und als ob das nicht schon genug wäre, hat der Stadtrat (die blau-schwarz-gelbe Kooperation) auch gleich mit beschlossen, dass wieder Autos über die Augustusbrücke und mitten durch das touristische Zentrum an der Semperoper über das Kopfsteinpflaster donnern sollen.
Erfreulich war die Abstimmung zu „Saubere Luft – ohne Fahrverbote„. Hierzu muss man wissen, dass Dresden nur knapp über den Grenzwerten liegt und viel Geld in Berlin für innovative und Luft-verbessernde Maßnahmen lagert. Der Plan ist also – anderes als andere Städte – das Geld aus Berlin wirklich zu wollen und aktiv einzufordern. Dieser Antrag hat glücklicherweise eine Mehrheit bekommen – allerdings gegen CDU/AfD/FDP – und das in einer Zeit, in der fast täglich Gerüchte neue Fahrverbote anordnen und Klima und „Saubere Luft“ überragende Themen sind. Was soll man dazu noch sagen.
Gegen Ende der Sitzung wurde es dann versöhnlicher. Mit riesiger Mehrheit wurde beschlossen, eine neue 60er-Buslinie von „Niederwartha nach Goppeln“ zu schaffen. Ab Sommer 2019 geht es mit dem Probebetrieb los. 2020 wird sie dann zur neuen „Linie 68“. Immerhin ein positiver Beitrag für besseren ÖPNV und ich freue mich darauf.
Es ist ziemlich klar geworden: mit diesem wieder konservativem und Auto-fixiertem Stadtrat wird es schwer, weiter die Verkehrswende zu pushen, Rad- und Fußverkehr zu fördern, das Sozialticket zu erhalten, sozialen Wohnungsbau zu fördern und soziale/kulturelle Vereine zu fördern – aber wir schauen nicht zu, wie Dresden kippt. Wir stemmen uns dagegen. Hilf mit!