Auftaktrede der Jungen Piraten zur Landesmitgliederversammlung in Görlitz

Rede des Landessprechers der Jungen Piraten Saxn und stellv. Vorsitzenden der Neustadtpiraten, [Anm. der Redaktion: Aus Gründen der Anonymisierung und des Datenschutzes wurde der Name entfernt], zur Eröffnung der Landesmitgliederversammlung am 1. November in Görlitz:

Liebe Pirat*innen,

Guten Morgen,

Es ist viel passiert in diesem Jahr. In Sachsen, in Deutschland und in Europa.

Die Pirat*innen haben es geschafft, politische Erfolge zu erringen, mit Julia Reda ist eine Junge Piratin ins Europäische Parlament eingezogen, in fünf sächsischen Kommunalparlamenten sitzen nun Pirat*innen – in Dresden in der Fraktion »Die Linke« sogar als Teil der Stadtratsmehrheit.

Das ist ein Erfolg, wir können stolz auf die Arbeit sein, die viele hier geleistet haben!

Trotzdem sollten wir nicht vergessen, dass 2014 bisher auch ein Jahr voller Niederlagen war.

Ein Rechtsruck auf gesamter europäischer Ebene hat »Front National« einen Erdrutschsieg in Frankreich verschafft, auch in Ungarn, in Großbritannien, in Schweden gab es Erfolge von Faschist*innen und Rechtspopulist*innen. Nicht zuletzt sitzt nun die sogenannte »Alternative für Deutschland« im EU-Parlament und auch im Sächsischen Landtag. Mir macht das Angst, gerade auch im Hinblick auf die Ereignisse vom vergangenen Wochenende in Köln.

Als europäische Gesellschaft müssen wir uns die Frage stellen, was da falsch gelaufen ist und wie wir Faschisten, Rassisten und Chauvinisten zeigen können, dass für ihren Dreck hier einfach kein Platz ist. Nicht in Europa, nicht in Deutschland, und ganz sicher auch nicht hier in Sachsen!

Die Gefahren sind groß und der Zulauf bei »Montagsdemos« – rechtsoffene bürgerliche Demonstrationen, Demonstrationen gegen Geflüchtete, homphoben und antisemitischen Demonstrationen in ganz Deutschland zeigen, wie hier Rassismus, Homophobie, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus salonfähig gemacht werden.

Deshalb braucht es breite Bündnisse, die dem entgegentreten und laut und deutlich sagen: „Nicht Mit Uns!“.

Wir dürfen uns nicht in Streiterein verzetteln und dabei vergessen, dass unsere Freiheit von diesen Gruppen aktiv angegriffen wird!

Wir müssen zusammenstehen – wir, als als Piraten*innen und auch als Antifaschist*innen – nur so können wir unsere Freiheit schützen!

In Thüringen wird aktuell gezeigt, dass es durchaus auch über der kommunalen Ebene eine Mehrheit links der Mitte geben kann, ohne CDU und auch ohne andere rechte Kräfte.

Etwas was vor Jahren noch für unmöglich gehalten wurde, scheint nun zum Greifen nah mit der Rot-Rot-Grünen Koalition. Die Parteien in Thüringen haben sich zusammengerissen, die persönlichen Konflikte hintenangestellt und bereits ein inhaltliches Papier vorgestellt, dass Staunen lässt und nur so von »piratigen« Themen strotzt:

Die Koalition wird den Kampf gegen Rechts intensivieren,

sie wird Geflüchtete dezentral unterbringen,
sie wird freies W-LAN unterstützen,
sie wird fahrscheinlosen ÖPNV testen,
sie wird die Befugnisse des Verfassungsschutzes beschneiden
und sie wird das Wahlrecht ausbauen.

Viele dieser Punkte haben auch wir in unserem Wahlprogramm für Sachsen gefordert. Wenn Ihr mich fragt, dann zeigt das ziemlich eindeutig, dass wir nur in einem Linksbündnis unsere Inhalte umsetzen können.

Martin und Norbert haben ein Zeichen gesetzt, haben Differenzen überwunden und sich der Fraktion »Die Linke« angeschlossen.

Damit setzen sie nicht nur ein klares Zeichen, sondern haben auch nicht wenige unserer Wahlkampfthemen in den rot-grün-rot-orangen Kooperationsvertrag fest einbringen können und damit so viel Einfluss ausgeübt, wie wir uns nur wünschen können.

Zukünftig muss die Piratenpartei, also Ihr, folglich überlegen, ob die Partei Teil einer solchen linken Mehrheit sein und an progressiven, kreativen und neuen Ideen teilhaben will, oder ob Ihr als Partei irgendwo vorne zwischen den Stühlen enden wollt – nicht wirklich rechts aber auch nicht klar dagegen – als Anti-Parteienpartei ohne klares Rückgrat, ohne klare Inhalte – als nutzlose Partei, die von den Menschen nicht gebraucht wird.

Noch steht die Entscheidung, noch habt Ihr die Wahl.

Vielen Dank, uns allen einen guten Parteitag!

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