»OpenSource, dass ist doch dieses Linux, was die Hacker benutzen.« Dieser Satz aus den 90er Jahren hält sich bis heute und zieht einen weiteren nach sich: »Damit kann ich nicht arbeiten, das ist zu kompliziert.«
Grundsätzlich besteht jede Software aus Programmcode, auch Quellcode oder englisch source code genannt. Dieser Quellcode kann entweder geheim oder öffentlich sein. Bekannte Beispiele für geheimen Quellcode sind Microsoft und Adobe. Demgegenüber stehen weit mehr Softwareprojekte, deren Quellcode öffentlich ist – und die unter dem Begriff OpenSource zusammengefasst werden.
Und was hat das mit der Verwaltung zu tun?
Im Haushaltsplan 2024 der Landeshauptstadt steht unter “laufende Unterhaltung DV-Software” (Doppelhaushalt 2023/2024 Band I, Seite 161, Konto 42541000) eine Summe von 6,2 Millionen Euro. Darunter fallen unter anderem die Lizenzen für Microsoft Windows und die Office-Pakete. Das wirft nun die Frage auf, ob es notwendig ist, kommunale Steuergelder an einen US-Konzern fließen zu lassen. Oder ob es nicht sinnvoller ist, frei verfügbare Software zu fördern, lokale Unternehmen mit dem Support zu beauftragen und somit die bei der Stadt so beliebten Gewerbesteuer-Einnahmen zu steigern. Ein weiterer Effekt davon ist, dass OpenSource-Software mit öffentlichen Mitteln weiterentwickelt wird. Das deckt sich wunderbar mit unserer Wahlprogrammforderung: Public Money Public Code.
Es ist allerdings schwieriger von Microsoft und Co. wegzukommen, als uns lieb ist. Das hat einerseits mit den eingangs erwähnten Vorurteilen zu tun, obwohl inzwischen niemand mehr Linux selbst kompilieren muss. Auf der anderen Seite gibt es die so genannten Pfadabhängigkeiten: Wir werden früh an Windows gewöhnt und als Gewohnheitstiere finden wir alles Neue dann “umständlich”.
Wenn wir den Weg hin zu offener Software konsequent gehen, ergeben sich neben der Förderung lokaler Unternehmen viele weitere Vorteile von OpenSource-Software:
- Die Kosten sind geringer, da der Entwicklungsaufwand im Prinzip kostenfrei ist.
- Es gibt keine mehrjährigen, kostspieligen Lizenzbindungen.
- Durch den öffentlichen Quellcode sind die Programm vom Prinzip her sicherer. Viele Menschen prüfen den Quellcode kontinuierlich und lassen immer wieder Verbesserungen einfließen. Das ist für ein Unternehmen wie Microsoft mit einigen Angestellten nicht in dieser Qualität leistbar.
- Die Daten der Software liegen bei der Landeshauptstadt und nicht bei den Auftragnehmern, deren Server gern mal außerhalb der EU stehen. Damit entziehen sich diese oft der Durchsetzung geltender Datenschutzvorschriften wie der DSGVO.
Das Land Sachsen hat inzwischen die Vorteile erkannt und im Juni 2023 eine Open Source-Strategie der Sächsischen Staatsverwaltung im Kabinett beschlossen, die sich nun in der Umsetzung befindet. Genauere Infos dazu fehlen allerdings noch. Währenddessen (Juni 2021 bis März 2023) hat das Bundesinnenministerium in Zusammenarbeit mit Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg eine komplette Plattform aus dem Boden gestampft. Eigentlich die perfekte Gelegenheit für Stadt und Land, sich da mit draufzusetzen.
Die größte Hürde bei einer Umstellung auf OpenSource ist am Ende die IT-Abteilung selbst. Aus Angst vor einer Flut an Support-Anfragen, wird dann doch lieber der Status quo mit Microsoft aufrecht erhalten. Dass das ebenfalls eine Menge Support benötigt, wird dabei gern vergessen.
Also lasst uns das mit der OpenSource-Software doch einfach machen und mit dem frei werdenden Budget die IT-Abteilung aufstocken. Win-win für alle! Außer für Windows.
ist es ggf erwähnenswert, dass die aktuellen MS Office Versionen Daten generell via Cloud prozessieren? Prominentes Beispiel: Outlook, dass Mails mitlesen und verarbeiten will. ein No-Go für nicht -öffentliche Korrespondenz.
wer so etwas in Behörden einsetzt handelt nicht nur fahrlässig sondern schon vorsätzlich gegen alle Datenschutzauflagen, die es gibt.
Genau. Diesen Punkt habe ich kurz angerissen beim Hinweis auf die Server im Ausland.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist hier, dass es nicht nur um Anwendungsprogramme wie Thunderbird statt Outlook geht, sondern auch um die Server. Die deutsche Firma The Infrastructure Company GmbH beispielsweise vertreibt den quelloffenen E-Mail-Server Mailcow mit einer kompletten Groupware-Lösung. Für weitere Cloud-Dienste eignet sich die bereits sehr bekannte Nextcloud. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.